30Juli
2014

Tag 6 - 29.07.2014 - Wir haben keine Manieren.

Etwas verspätet schreibe ich nun nieder, was wir gestern erlebten. Gestern war ein sehr lustiger Tag. Nach unserem Praktikum wurden wir vom Director Manager zum "Essen" eingeladen, naja man sollte es eher "Ausgehabend" nennen.

Als erstes besuchten wir die "Bier Halle", ja, Stück Deutschland! Hier konnte man verschiedenstes Bier, Sauerkraut sowie Bratwürste, Wiener Würste, also deutsche Kost allgemein ordern.

ABER: Falls ihr jedoch jemals aus welchen Zufällen auch immer euch dort einmal wiederfinden solltet, so bestellt niemals Kartoffeln... Ich weiß nicht, wie man Kartoffeln in solch einen trockenen, bröckeligen Aggregatzustand bekommt, eine Kunst für sich, die leider nicht schmeckt!
Wir bestellten deutsche sowie koreanische Kost, darunter auch Octopustentakeln, welche ich probiere musste... Ich hätte lieber Gummi gegessen.

Nachdem wir gegessen und getrunken hatten war die Tour noch lange nicht zu Ende. Wir besuchten noch eine "old Music Bar", da wir Gemeinsamkeiten des Musikgeschmacks feststellten (Old Rock, Old Music,..). Hier konnten wir auf ein Zettelchen unsere favorisierten Songs schreiben und diese liefen Minuten später auch schon in der Bar. ACDC - Back in Black, Hells Bells sowie Nirvana - Smells like Teamspirit durften in meiner persönlichen Playlist nicht fehlen.

So und nun kommt der lustige Part. Katastrophe, wie wir später feststellten, hatten wir uns vermutlich völlig blamiert. Wie ihr euch vielleicht auch selbst denken könnt differieren sich koreanische Tradition und Kultur, somit auch einige "Benimmregeln" von der deutschen... Ich möchte einige dieser Regeln zitiere und anschließend unser konträres Verhalten dokumentieren.

 

 

1. "In Korea schenkt man sich üblicherweise nie selbst etwas zu Trinken ein. Hier gilt: jeder schenkt einem anderen ein. In Korea herrscht ein gewisser Trinkzwang. Es gilt zumindest als unfreundlich, wenn man nicht mittrinkt."

---> Selbstverständlich empfanden wir es als höflich, nach dem zweiten angebotenem Glas abzulehnen. Wie man oben lesen kann, ist dies genau der falsche Weg. Will der Koreaner dir kein Getränk mehr kaufen, wird er dich auch nicht fragen. Fettnäpfchen Nummer 1!

 

2. "Wichtig beim Zuprosten: anderes als bei uns sieht man sich in Korea in der Regel nicht in die Augen."

---> Naaaa, was tut man in Deutschland??! Genau das! Autsch! Fettnäpchen Nummer 2!

 

 

3. "Die Benutzung der linken Hand im Kontakt mit anderen gilt in Korea als unhöflich. Man sollte beim Geben oder Nehmen immer die rechte Hand nutzen. Die linke Hand kann allenfalls die rechte Hand unterstützen und so dem Handeln Nachdruck geben, insgesamt gilt der Gebrauch der linken Hand im Kontakt mit anderen jedoch eher als unfein."

---> Joa... Links, rechts... Welche Hand war nochmal die, wo der Daumen rechts war?

 

4. "Korea ist kein Land des Lachens, maximal des Lächelns. (Lauthals) Lachen kann oft als negativ empfunden werden. Wenn man lacht, dann fühlen sich Koreaner nicht selten persönlich betroffen und empfinden das als beschämend. Hier sollte man sich maximal zu einem Lächeln durchringen und nicht einfach in laut schallendes Lachen ausbrechen."

---> Wer mich kennt, ebenso Jan und mich in Doppelpack, der weiß.... naja nicht zu lachen ist nicht unsere Stärke. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich mir lachen nicht nehmen lasse, auch wenn ich dann unhöflich wirke, auch wenn ich mir das schwer vorstellen kann.

 

5. "Neinsagen gilt in Korea ist sehr unhöflich und sollte in der eindeutigen Form vermieden werden. Schlägt man jemandem eine Bitte ab, so gilt das als unhöflich. Die Koreaner haben hier subtilere Formen gefunden. Man wird dem Gegenüber eher durch andere Merkmale zu verstehen geben, dass man nicht interessiert ist. Das kann erstaunliche Ausprägungen haben. So kann ein Koreaner Hilfe zusagen, weil er meint das tun zu müssen."

---> Im "Neinsagen" sind Jan und ich wahre Meister, wir beherrschen sämtliche Synonyme. Doch klingt das nicht paradox, wenn es doch die Koreaner sind, die am laufenden Band "ne" sagen? (Achtung schlechter Witz). Nun wissen wir aber auch, weshalb uns bisher kein Koreaner und keine Koreanerin eine Bitte abschlagen konnte und mit vollem Einsatz hilft. Die Option Hilfe abzulehnen besteht nicht, der Koreaner muss helfen.

 

6. "Die Sache mit dem Trinkgeld ist etwas heikel. In Korea erwartet man nicht unbedingt, dass Trinkgelder gegeben werden. Man kennt eine Servicepauschale, die schon im Preis enthalten ist. Dennoch kann man Trinkgeld geben, wenn man extrem zufrieden ist. Aber andererseits wirken Trinkgelder auf viele wie ein Almosen. So gesehen sollte man es im Zweifelsfall besser bleiben lassen."

---> Nachdem wir heute ein Restaurant besuchten, dass uns wirklich seeehr gut gefiel waren wir unentschlossen, was wir tun sollten. Die Antithetik des Zitats half uns nicht wirklich, der letzte Satz ließ uns entscheiden keinen Tip zu geben.

Wenn wir doch schon bei Antithetik koreanischer Verhaltensregeln sind so betrachtet euch doch einmal diese hier:

"[Es] gilt als schicklich, bei wichtigen Menschen zusätzlich mit der linken Hand das rechte Handgelenk zu umfassen um dem Händedruck noch einen gewissen Nachdruck zu geben. Ungeachtet dessen steht das aber im Kontrast dazu, dass die Nutzung der linken Hand grundsätzlich eher als unfein gilt. Etwas paradox ist das schon. "

Verwirrung check.

 

 

~DoLe